Der Mieter hat in der Zeit vom 26.9.2013 bis zum 23.1.2015 insgesamt 13 Strafanzeigen gegen Mitarbeiter der Vermieterin sowie eine weitere Strafanzeige gegen die von der Vermieterin beauftragte Rechtsanwältin erstattet. Die Strafanzeigen waren auf frei erfundene, ehrverletzende Tatsachen ohne Substanz gestützt, sie waren ungerechtfertigt und mit verleumderischen Inhalt versehen. Aufgrund dessen hatte die Vermieterin zunächst im Juni 2015 den Mieter abgemahnt und dann am 22.7.2015 fristlos und am 13.11.2015 fristgerecht gekündigt. Sie verlangte vergeblich die Räumung. Das Amtsgericht hatte der Klage antragsgemäß stattgegeben. Hiergegen richtete sich die Berufung des Mieters.
Mit Erfolg! Das Landgericht Dresden (Urteil vom 21.12.2016 – 4 S 304/16) gab der Vermieterin zwar insoweit recht, als in der Erstattung der Strafanzeigen ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 BGB zu sehen und grundsätzlich auch keine Abmahnung in einem solchen Fall erforderlich sei, wenn die Kündigung sofort nach der berechtigten Strafanzeige erfolgt. Vorliegend hatte die Vermieterin aber nicht sofort im Sinne des § 543 Abs. 3 Nr. 2 BGB gekündigt. Vielmehr mahnte die Vermieterin den Mieter erst mehr als fünf Monate nach der letzten Strafanzeige ab und hatte ihn zur Unterlassung ungerechtfertigter Strafanzeigen und zur Rücknahme der bereits erstatteten Strafanzeigen aufgefordert. Aus Mietersicht konnte das Verhalten der Vermieterin nur so verstanden werden, dass die Vermieterin im bisherigen Verhalten noch keinen Kündigungsgrund sah, sondern eine Kündigung erst aussprechen würde, wenn weitere unberechtigte Strafanzeigen mieterseits erfolgen würden.
Das Landgericht vertrat insoweit die Auffassung, dass die erst mehr als fünf Monate nach der letzten unberechtigten Strafanzeige ausgesprochene fristlose Kündigung vom 22.7.2015 nicht mehr rechtzeitig war. Auch die ordentliche Kündigung vom 13.11.2015 ist nach Auffassung des Landgerichts unwirksam. Zwar bedürfe eine Kündigung keiner Abmahnung, jedoch komme einer vorherigen Abmahnung Bedeutung für die Frage zu, ob der Mieter eine schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung begangen hat. Nach Ansicht des Landgerichts müsse sich die Vermieterin an ihrer Abmahnung festhalten lassen, da sie eine Kündigung von einem weiteren Verstoß abhängig gemacht habe. Die rügelose Hinnahme einer Vertragsverletzung über einen längeren Zeitraum stelle regelmäßig einen Umstand dar, der die Erheblichkeit einer Vertragsverletzung ausschließt.
Die Entscheidung zeigt, dass der Vermieter gut beraten ist, bei einem zur Kündigung berechtigenden Verhalten des Mieters, sofort das Mietverhältnis zu kündigen und sich nicht „totzumahnen“.