Der Vater erwirkte im Jahr 2018 vor dem Familiengericht einen Beschluss aufgrund dessen er mit dem gemeinsamen Kind, welches bei der Mutter lebt, Umgangskontakte durchführt. Im März 2020 kam es zwischen den Eltern zu Konflikten bezüglich der Umgangsausübung. Die Mutter teilte dem Vater mit, dass sie den direkten Umgang zwischen Vater und Kind aussetze. Er könne telefonieren und das Kind auf dem Balkon sehen. Begründend führte sie an, dass im Haus – nicht im Haushalt – Risikogruppen leben würden, nämlich ihre Eltern. Darüber hinaus habe sie selbst eine Vorerkrankung. Der Vater ist der Ansicht, das Kind sei gesund und seine eigene Familie sei ebenfalls gesund. Die Durchführung von Umgangskontakte seien unproblematisch möglich.
Im Mai 2020 wurde gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss festgesetzt, gegen den sich die Mutter mit der sofortigen Beschwerde wendete.
Ohne Erfolg! Das Oberlandesgericht Frankfurt / M. (Beschluss vom 8.7.2020 – 1 WF 102/20) stellte fest, dass der umgangsverpflichtete Elternteil ohne Einverständnis des umgangsberechtigten Elternteils grundsätzlich nicht befugt sei, über die Ausgestaltung und das Stattfinden des Umgangsrechts zu disponieren. Daran würden auch gesundheitliche Gründe nichts ändern. Das Oberlandesgericht Frankfurt / M. vertrat die Auffassung, dass die Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Coronaviren grundsätzlich nicht dazu führen würden, dass Umgangskontakte zwischen Elternteilen und ihren Kindern nicht mehr stattfinden. Zudem nahm das Oberlandesgericht Frankfurt / M. Bezug auf den Hinweis des Bundesjustizministeriums, wonach das Umgangsrecht aufgrund der Corona-Pandemie und den entsprechenden Schutzvorkehrungen grundsätzlich nicht auszuschließen sei.
Die Empfehlung zur Kontaktvermeidung beziehe sich nicht auf die Kernfamilie. Dies gelte auch, wenn die Eltern in getrennten Haushalten leben. Das Oberlandesgericht Frankfurt / M. kam zu dem Ergebnis, dass dem Umgang kein gesetzliches Verbot entgegenstünde auch die Coronaverordnungen kein Kontaktverbot statuieren würden. Begründend wies das Oberlandesgericht Frankfurt / M. daraufhin, dass der Umgang zwischen dem nichtbetreuenden Elternteil und dem Kind zum absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte gehöre und somit einem Ausnahmetatbestand unterfalle. Deutlich wies das Oberlandesgericht Frankfurt / M. zudem daraufhin, dass es zur Vorbeugung einer Entfremdung des Kindes vom nichtbetreuenden Elternteil grundsätzlich geboten sei, eine gerichtliche Umgangsregelung auch durchzusetzen.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt / M. ist zu begrüßen. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen leiden Kinder ohnehin mehr als Erwachsene. Die Aussetzung der Umgangskontakte würde die Kinder noch tiefgreifender beeinträchtigen und langfristige Schäden hervorrufen. Bei Einhaltung der gebotenen Hygienemaßnahmen und durch die nunmehr möglichen Testungen werden die Risiken der Verbreitung der Coronaviren durch Umgangskontakte auf ein vertretbares Minimum beschränkt.